Technik

1965

"Die amerikanischen Ingenieure zermalmen mit ihren Berechnungen die sterbende Architektur unter sich."

Le Corbusier, 1922

HANS HOLLEIN

TECHNIK

Gibt es heute noch eine Architektur? Hat Architektur im zweiten Maschinenzeitalter noch einen Sinn? Machen Architekten die heutige Architektur? Welche Bauwerke sind Ausdruck unserer Zeit?

"Kathedralen einer anderen Weltanschauung" nannte der amerikanische Raumfahrt Journalist Edwin Diamond die Raketen Starttürme auf Cape Kennedy. Architektur, die den Epochen ihre Namen gegeben hatte, ist abgelöst als Ausdruck unseres Jahrhunderts von den ungeheuren Realisationen der Technik, von ihren Bauten und Maschinen. Die Architektur von heute kann nur wahrer Ausdruck unserer Zeit sein, wenn sie sich nicht gegen die Technik wendet, sondern sich ihrer bedient, nicht nur als Objekt reiner Utilität, sondern sich auch ihre plastischen, dynamischen, expressiven, formalen und emotionellen Potenzen erschließt.

Die Objektivität der Ingenieurkonstruktionen ist ein falscher Mythos. Sie sind subjektiv und oft gefühlsbetont.

Viele Träume der Architekten sind bereits in den Bauten der Technik verwirklicht.

Neue Maßstäbe beherrschen die Landschaft. In der Aufdeckung jener latenten Qualitäten und ihrer Sichtbarmachung wird die Stadt von heute und Städtebau, das ist die Architektur von heute ihre Symbole finden, wird wahrhaft monumental sein, echter Ausdruck des Lebens unseres Jahrhunderts, Zeichen des Menschen, der sich die Erde untertan gemacht hat, den Raum beherrscht. Die folgenden Abbildungen sollen das vielschichtige Potential aufzeigen, die ungeheuren Projektionsmöglichkeiten und die überzeugende Kraft der Realisationen.

Zusammengestellt von Hans Hollein und Günther Feuerstein. Ein Teil des Materials stammt aus der Ausstellung "Architektur" von Hans Hollein und Walter Pichler in der Galerie St. Stephan, Wien, 1963.

Bei der Auswahl wurde, wo möglich, besonderes Auge auf österreichische Bauten der Technik gelegt, um darzustellen, daß auf diesem Gebiete unsere Leistungen denen anderer Länder durchaus ebenbürtig sind und auf internationalem Niveau stehen. "Bau" wird sich mit einigen der angeschnittenen Themen noch näher befassen. Siehe auch den Artikel In "Bau" 1/1965, "Zukunft der Architektur" und "Große Spannweiten" in Heft 3/1965.


"... große bauliche Schöpfungen, denen weder die Antike noch Rennaissance Ähnliches zur Seite stellen vermag ..."

"... den die Schönheit vernichtenden Einfluß des Ingenieurs für immer zu brechen . . ." Otto Wagner 1911/1914

"... er (der Künstler) wird immer wieder von neuem den Kampf gegen die Herrschaft der Technik aufnehmen. Technische und künstlerische Anschauung sind und bleiben krasse Gegensätze..."
Hans Pölzig 1921

"Unsere Augen sind geschaffen, die Formen unter dem Licht zu sehen. Die primären Formen sind die schönen Formen: denn sie sind klar zu lesen.
Die Architekten von heute verwirklichen keine einfachen Formen mehr.
Die Ingenieure verwenden, da sie auf dem Wege der Berechnung vorgehen, geometrische Formen und befriedigen unsere Augen durch die Geometrie und unseren Geist durch die Mathematik. Ihre Werke sind auf dem Wege zur großen Kunst." Le Corbusier 1922

"Die Realität unseres Jahrhunderts ist die Technik: die Erfindung, Konstruktion und Wertung der Maschine. Eine Maschine zu verwenden heißt im Geist unseres Jahrhunderts zu sein. Dies hat den transzendentalen Spiritualismus vergangener Epochen abgelöst."
Lazlo Moholy Nagy

Die Technik wurzelt in der Vergangenheit.
Sie beherrscht die Gegenwart und reicht hinein in die Zukunft.
Sie ist eine echte historische Bewegung eine der großen Bewegungen, die ihre Epoche formen und repräsentieren. Sie kann nur verglichen werden mit der Entdeckung der Persönlichkeit durch die Griechen, mit dem römischen Willen zur Macht und der religiösen Bewegung des Mittelalters.
Die Technik ist weit mehr als eine Methode, sie ist eine Weit für sich.
Als Methode ist nie in beinahe jeder Hinsicht überlegen. Aber nur dort, wo sie ganz sich selbst überlassen bleibt, wie etwa in den gigantischen Bauten der Ingenieure, dort enthüllt die Technik ihre wahre Natur.
Dort wird offenbar, daß sie nicht nur ein nützliches Mittel, sondern etwas Eigenständiges ist, etwas, daß einen Sinn hat und eine kraftvolle Form so kraftvoll, daß sie nicht leicht zu benennen ist.
Ist das noch Technik oder ist es Architektur?
Und das mag der Grund sein, warum manche Leute überzeugt sind, daß die Architektur durch die Technik überholt und ersetzt werden wird. Eine solche Überzeugung beruht nicht auf klarem Denken. Das Gegenteil geschieht.
Wo immer die Technik ihre wirkliche Erfüllung findet, dort erhebt sie sich in die Sphäre der Architektur. Es ist richtig, daß die Architektur von Fakten abhängig ist, aber ihr eigentliches Wirkungsfeld liegt im Bereich des Ausdrucks. Ich hoffe, Sie werden verstehen, daß Architektur nichts zu tun hat mit der Erfindung von Formen. Sie ist kein Tummelplatz für Kinder, kleine oder große. Architektur ist der echte Kampfplatz des Geistes.
Architektur schrieb die Geschichte der Epochen und gab ihnen ihre Namen.
Die Architektur hängt von ihrer Zeit ab. Sie ist die Kristallisation ihrer inneren Struktur, die allmähliche Entfaltung ihrer Form.
Des ist der Grund, warum Technik und Architektur so eng verwandt sind.
Unsere wahre Hoffnung ist es, daß wie zusammenwachsen, da eines Tages die eine der Ausdruck der anderen sein wird. Nur dann werden wir eine Architektur haben, die ihren Namen wirklich verdient:
Architektur ist das wahre Symbol unserer Zeit.
Mies van der Rohe, 1950

"... durch die Maschine wird der Mensch die Natur in ihrer Gesamtheit beherrschen ... Er wird die Plätze für Berge und Pässe festlegen. Er wird den Lauf der Flüsse ändern und Regeln für die Ozeane festlegen. Idealistische Einfaltspinsel mögen sagen, daß dies langweilig sei, aber deshalb sind sie Einfaltspinsel ... Die Kruste das Lebens wird sich kaum geformt haben, um schon wieder gesprengt zu werden von dem Druck neuer technischer und kultureller Erfindungen und Errungenschaften. Das Leben wird in der Zukunft nicht monoton sein ..."

Technik wird eine kraftvollere Inspiration für künstlerische Arbeit sein und später wird der Widerspruch zwischen Technik und Natur in einer höheren Synthese gelöst werden."
Leon Trotzki 1924

"Technik ist Handwerk. Laboratorium ist Werkstatt. Der Erfinder ist Meister."
Mendelssohn 1923

"Die Maschine schenkt unseren Träumen ihre Kühnheit: sie können verwirklicht werden." Le Corbusier 1925

"Die Maschine wird den Muschik denken lehren, die Natur hat es nicht fertiggebracht." Le Corbusier 1930

"Wissenschaft und Technik haben zu neuen Anschauungen auf allen Gebieten geführt. Energien von bisher unbekanntem Umfang wurden wirksam. Es entstanden Voraussetzungen, die neue Vorstellungen des Denken. und Handelns forderten. ... Die Maschine wurde das Werkzeug der Zeit." Konrad Wachsmann 1959

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