VW Wiener Entwicklungen

1969

BAU 69 / 2, 3

Mit diesem Heft liegt nun der erste Teil einer Übersicht über »Wiener Entwicklungen«, von etwa 1956 bis 1968 reichend, vor. Ein zweites Heft wird zeitlich etwas überlappend Geschehnisse 1966 1970 dokumentieren, nicht allein auf Wien beschränkt, da in diesem Zeitraum eine Beschränkung und Trennung »Wien Graz« nicht mehr sinnvoll erscheint. Es wird sich mit den letzten Entwicklungen beschäftigen und auf einige Wurzeln zurückgreifen, die ja besonders in diesem Heft aufgezeigt werden. So wird einiges, welches vielleicht in diesem Heft vermißt wird, im Heft 2/1970 aufscheinen. Trotzdem erhebt dieser Überblick keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Auch ist diese Dokumentation von einem bestimmten Blickwinkel her gesehen. Es sollten nicht alle relevanten Aktionen auf dem Gebiete der Architektur in Wien im obgenannten Zeitraum dargestellt werden, sondern es wurde der Versuch unternommen, der Entwicklung einer spezifischen Situation, einer bestimmten Einstellung zur Architektur, zur Umwelt nachzugehen, die in Wien, zuerst abseits nationaler und internationaler Trends, begann und heute bereits als Phänomen weithin zur Kenntnis genommen wird. Es soll diesen Konzeptionen kein Name gegeben werden, kein Etikett, doch liegt eine gewisse Gemeinsamkeit vor, und sei sie nur vom Standort her bedingt und dessen besonderer Situation.

Für die Auswahl im vorliegenden Heft waren einige Gesichtspunkte bestimmend. Zur Darstellung der Entwicklung der Situation wurde das Schwergewicht auf die wichtigsten Konzeptionen mit den daraus resultierenden Folgen gelegt. So wurden hauptsächlich nur solche Aktionen, Projekte, Programme und Manifestationen berücksichtigt, die bekannt wurden, wirksam, eingreifend, provozierend-hervorrufend. Solche, die die Situation mitbestimmten. Verschiedenste Projekte, die versteckt blieben und heute ausgegraben (oder ausgearbeitet) werden, wurden daher in dieser Schau nicht einbezogen, ebenso wie Studienarbeiten und Aktionen an Hochschulen, soferne sie nicht in die allgemeine Situation eingriffen. Einige Beispiele deuten das Einfließen der experimentellen Ergebnisse in reale Aufgabenstellungen an, wiewohl auf eine umfassende Darstellung des Eindringens dieser Gedankengänge in den »offiziellen« Architekturbetrieb verzichtet wurde. Es bedeutet keine Wertung, daß Projekte, Experimente und Realisationen mit ganz spezifischer Problemstellung und Programmatik hier nicht aufscheinen. Diese Entwicklungen und baulichen Realisationen der sechziger Jahre werden gesondert zu behandeln sein. Im Sinne einer stichwortartigen Dokumentation wurden von den verschiedensten Projekten keine eingehenden Beschreibungen gegeben, sondern meist nur ein kurzer optischer Hinweis und Angaben über Verfasser, Titel, Jahr, konzentriert auf die wichtigsten Konfrontationen mit der Öffentlichkeit meistens durch Ausstellungen, Vorträge und Publikationen sowie andere Aktionen. Einige wichtige schriftliche Äußerungen wurden umfangreicher gebracht. So kann nur die Intensität und Breite der Aktivität gezeigt werden, die die Beschäftigung mit dem Einzelprodukt stimulieren soll. Von einem aktiven Teilnehmer an der Entwicklung zusammengestellt wie das Heft, welches den Grazer Entwicklungen gewidmet ist , mag diese Subjektivität dem Klima des Vorgebrachten gerecht werden. Hans Hollein